
Aus dem 16. Jahrhundert ist überliefert, dass das
Untere Tor sowohl durch einen Torwart (der anscheinend im Tor wohnte) als
auch durch Wachen, die zugleich einen Personen- und Waren-Kontrolldienst ausübten,
besetzt war.
Während die Tore in Friedenszeiten tagsüber offen waren, mussten
sie nach dem Bettläuten ihre Gatter herablassen und es durften nur noch
die Türen im Tor offen bleiben; bei Einbruch der Nacht waren die Tore
vollständig zu schließen und die Schlüssel beim Stadtwachtmeister
abzugeben" (Birkenmayer/Baumhauer, S. 103). Außerdem spielten die
Torwächter bekanntlich eine wichtige Rolle für die äußere
und innere Sicherheit der Stadt, indem sie nicht nur Verdächtige außerhalb
der Stadt, sondern etwa auch einen entstehenden Brand innerhalb der Stadt
zu beobachten und den in den Verordnungen des 16. Jahrhunderts vorgeschriebenen
Alarm auszulösen hatten.
Die noch im 16. Jahrhundert andauernde Blütezeit der Stadt ging in den
furchtbaren Ereignissen des 17. Jahrhunderts jäh und für lange Zeit
zu Ende, der Dreißigjährige Krieg mit allen seinen Verheerungen
brachte die mehrmalige Einnahme der Stadt durch Schweden, Unionstruppen und
Kaiserliche, was mit erheblichen Verlusten an Personen und Einrichtungen verbunden
war: ". . und Alles in Abgang, Verwüstung und Ruin gerathen . .
. . - Die einst blühende Stadt war in nur einer Generation in katastrophale
Notlage geraten. Ob bei allen diesen Ereignissen auch das Untere Tor zu Schaden
kam, wissen wir nicht, mindestens aber unterlagen die Befestigungswerke und
auch die Tore starker Verwahrlosung.
1688 erwies sich der üble Zustand der Befestigungswerke, als die Truppen
des französischen Königs Louis XIV. die Stadt besetzten, wobei ein
Widerstand auch deshalb aussichtslos war, weil: ". . . wegen des übel
versehenen und unhaltbaren orths unmöglich befunden wurde, dem gewalth
zu resistieren".
Bei dieser Gelegenheit erfahren wir. auch, dass das Untere (ebenso wie das
Obere) Tor in dem um ein Geschoß niedrigeren Zustand des 15. Jahrhunderts
bereits über Turmuhren, die anscheinend tiefer saßen, sowie mit
Glocken versehene Dachreiter verfügten, denn es wird berichtet, daß
die Truppen abgezogen seien nach ", . . abhebung und zerschlagung deren
noch in der Stadt und Kürchen Thürm verblibenen kleineren glöckhlin
und verderbung der Stadtuhren . . .".
Das an furchtbaren Kriegseignissen reiche 17. Jahrhundert führte an seinem
Ende die Stadt zum beklagenswertesten Tiefpunkt ihrer Geschichte: 1692 war
die Einwohnerschaft von etwa 1000 zu Ende des 16. Jahrhunderts auf etwas mehr
als 100 Bürger gesunken und "seit Menschengedenken die Armuth nicht
so groß gewesen".