
- In der berühmten Stumpfschen Schweizer Chronik
wird das Stadtbild - ebenso wie in der Chronik von Tschachtlan - vom Schweizer
Rheinufer aus wiedergegeben: mächtig erscheint hier das Rheintor; dieses,
wie auch ein Turm, von dem man annehmen kann, dass er das Obere Tor darstellt,
zeigen nur einen Zinnenkranz, keinen Dachhelm, während die Chronik von
Tschachtlan Zinnenkränze und Dachhelme zeigt. - In einer Zuger Bilderchronik
von besonderer zeichnerischer Qualität wird das Stadtbild ebenfalls in
Abwicklung wiedergegeben: Oberes Tor und äußeres Waldtor verkürzt
nebeneinander, diese Tore zeigen Dachhelme und einen Kranz von Erkern, sogenannten
Maschikuli, während ein Turm am anderen Ende der Stadt, mit dem das Untere
Tor gemeint sein könnte, einen Dachhelm mit Dachreiter sowie einen Zinnenkranz
zeigt.
Nimmt man die Aussage dieser alten Ansichten ernst, so kommt man zu der Annahme,
dass das Untere Tor vor dem Waldshuter Krieg niedriger als heute und mit einem
Zinnenkranz ausgestattet war.
Das im Waldshuter Krieg teilzerstörte Untere Tor musste nach dem Friedensschluss
schnellstens wieder aufgebaut werden, denn funktionsfähige Verteidigungsanlagen
waren für die Stadt lebenswichtig. Der Wiederaufbau der Befestigungsanlagen
(auch in die Stadtmauern waren erhebliche Breschen geschossen worden) erforderte
erhebliche Mittel, die durch Kapitalaufnahme sowie durch die Zuweisung von
Steuerquellen, wie etwa dem Wasserzoll, zum Teil gedeckt wurden zur Ergänzung
. . . solchen schwerlichen Kostens, Schadens und Darleihens, und umb dass
sie ihre Stadt wiederum desto stadtlicher bauen und aufrichten mögen".
Der Wiederaufbau des Unteren Tores musste schnell vor sich gehen, es sollte
aber auch stattlicher als vor dem Waldshuter Krieg - und im damals modernen
architektonischen Stil aufgebaut werden. Diese Absichten lassen sich auch
am Mauerwerk im Innern des Unteren Tores deutlich erkennen. Das Mauerwerk
vom zweiten Geschoß aufwärts ist von anderem Charakter als das
darunter befindliche: über größere Flächen hin splittrige
Bruchsteine der unterschiedlichsten Größe, mit viel Mörtel
vermischt, fast zu einer Art Gußmauerwerk verbunden; dazwischen verbliebene
Flächen des großen, gleichmäßigen Bruchsteinmauerwerks
der unteren Geschosse dürften bei der Beschießung des Unteren Tores
1468 stehen geblieben und beim Wiederaufbau mitverwendet worden sein. Einzelne
dieser Flächen reichen bis ins dritte Oberschoß: womit sich ein
Anhaltspunkt dafür ergibt, wie hoch das Untere Tor vor dem Waldshuter
Krieg gewesen sein dürfte: etwa zwei Stockwerke niedriger als heute.